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Aussteigen oder Durchhalten? Was unterscheidet Studienabbrecher von anderen Studierenden?

Ausgangspunkt der Studie von Schiefele, Streblow und Brinkmann (2007) war, die Gründe des Studienabbruches (unterschieden nach Früh- uns SpätabbrecherInnen) zu analysieren und diese mit Weiterstudierenden zu vergleichen (vgl. Schieferle u.a., 2007).
In bisherigen Studien wurden drei relevante Bedingungsfaktoren untersucht: psychologische Faktoren (z.B. Leistung in Schule/Studium, eigene Leistungsbeurteilung, Lern- und Arbeitsstrategien, Zeitmanagement, Studieninteresse, soziale Kontakte, usw.), soziodemografische Merkmale und Rahmenbedingungen (Alter, Kinder, abgeschlossene Bildung, Lebensansprüche, finanzielle Bedürfnisse, Erwerbstätigkeit, usw.) und institutionelle Merkmale (Lehrqualität, Prüfungsmodalitäten, Beratungsangebote, usw.) (vgl. Schieferle u.a., 2007).
Definitionen, Gruppen und Analyse
Diese Studie vergleicht 47 StudienabbrecherInnen (Früh- und SpätabbrecherInnen) mit einer parallelisierten Referenzgruppe) von Weiterstudierenden (jeweils zwei reguläre Studierende pro AbbrecherIn) hinsichtlich des Studienfachs, Geschlechts und Alters. StudienabbrecherInnen sind Personen, welche ihr Studium abgebrochen und an keiner anderen Universität fortgesetzt haben, hierbei wird zwischen Früh- (Abbruch im ersten Studienjahr) und SpätabbrecherInnen (Abbruch ab dem dritten Semester) unterschieden. Die Gruppe Weiterstudierende umfasst sich regulär im Studium befinde Personen. Viele der mittlerweile schon ermittelten Bedingungsfaktoren wurden überprüft und durch die Bereiche Motivation, Selbstkonzept, Lernstrategien, soziale Kompetenz und Lehrqualität ergänzt. Zusätzlich wurden Variablen wie Abiturnote, selbsteingeschätzter Kenntnisstand, finanzielle Situation und Berufsausbildung berücksichtigt (vgl. Schiefele u.a., 2007).
Ergebnisse zu Studienbeginn
Aufgrund der fehlenden Betroffenheit aller wurden die Faktoren Kinder, Berufsausbildung, Stipendien nicht berücksichtig. Im Bereich Wohn- und Lebensform wurde kein Unterschied festgestellt, gleiches gilt im Bereich der Finanzierung. Die Studie bewies, dass Früh- und SpätabbrecherInnen über schlechtere Abiturnoten als ihre Referenzgruppen verfügten. Auffällig war, dass SpätabbrecherInnen besser Noten hatten als FrühabbrecherInnen. Im Bereich der Motivation zeigen StudienabbrecherInnen einen niedrigeren Wert als die Weiterstudierenden auf. Speziell bei Studieninteresse und Demotivation sind signifikante Unterschiede ersichtlich. Bei der epistemischen Neugier war nur zu den FrühabbrecherInnen ein Unterschied merkbar. Keine Unterschiede wies das Selbstkonzept aus. Lernstrategien wurden, laut der Studie, von SpätabbrecherInnen seltener genutzt. Die soziale Kompetenz und die epistemologischen Überzeugungen ergaben keine wesentlichen Unterschiede, jedoch im Bereich der Beurteilung der Lehrqualität hoben sich SpätabbrecherInnen stark von ihrer Referenzgruppe ab, anders als FrühabbrecherInnen. Die Faktoren Kompetenz/Engagement und Leistungsdruck ergaben auch keine signifikanten Abweichungen der jeweiligen Gruppen (vgl. Schiefele u.a., 2007).
Ergebnisse zum Abbruchzeitpunkt
Um angemessenen vergleichen zu können, wurden hier derselben Messzeitpunkte beider Gruppen gewählt.
Im Bereich Finanzierung ergaben sich wieder keine Unterschiede, jedoch der selbsteingeschätzte Kenntnisstand wurde von SpätabbrecherInnen niedriger als von Weiterstudierenden beurteilt. Ein Haupteffekt für die Faktoren Abbruch und Zeitpunkt ergab die Variable Motivation. Keine Unterschiede wies wiederum das Selbstkonzept auf. Auch das Studieninteresse, die leistungsorientierte extrinische Motivation, die Demotivation und die intrinistischen Berufsziele waren Faktoren für den Abbruch. Der Faktor Zeitpunkt wurde bis auf das Studieninteresse von denselben Variablen beeinflusst. SpätabbrecherInnen zeigen in allen vier Variablen die ungünstigsten aus. Wesentliche Unterschiede waren bei den Lernstrategien im Bezug auf Abbruch und Zeitpunkt zu finden. Planungs-, Regulationsstrategien und Zeitmanagement waren erhebliche Faktoren für den Abbruch. Weiter zeigen SpätabbrecherInnen die niedrigsten Werte in Planung, Regulation, Anstrengung und lernen mit anderen auf. Die soziale Kompetenz erwies bedeutsame Ergebnisse der Faktoren Zeitpunkt und Abbruch aus. Den Faktor Abbruch betrifft vor allem die soziale Ängstlichkeit, die von den AbbrecherInnen gesamt geringer beurteilt wurde, als bei ihrer Referenzgruppe. Die soziale Integration von SpätabbrecherInnen im Studium jedoch fiel wieder sehr gering aus. Früh- und SpätabbrecherInnen beurteilen die Lehrqualität in ihrem Fach geringer als Weiterstudierende. Lehrveranstaltungen (Gesamtbeurteilung), Relevanz der Lehrinhalte und Höhe des Leistungsdruckes werden weniger schlecht beurteilt als die Kompetenz und das Engagement der Lehrenden (vgl. Schiefele u.a., 2007).



Literatur
Schiefele, U., Streblow, L., Brinkmann, J. (2007). Aussteigen oder Durchhalten – Was unterscheidet Studienabbrecher von anderen Studierenden? Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 127-140.

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