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Mathematikangst

Der Psychologe Mark Ashcraft von der Universität Nevada in Las Vegas fand, dass mathematikängstliche Menschen dazu neigen, Vermeidungsstrategien an den Tag zu legen, was un der Schule zu schlechten Noten führt und dazu, dass sich SchülerInnen mögliche Berufswege verbauten. Dabei besteht nur ein schwacher Zusammenhang zwischen der Angst vor dem Rechnen und den tatsächlichen mathematischen Fähigkeiten. Vielmehr ist das Arbeitsgedächtnis bei mathematikängstlichen Menschen blockiert, wobei das Arbeitsgedächtnis unter anderem beim Speichern von temporären Informationen etwa bei einer Addition im Kopf beteiligt ist. Diese negativen Emotionen unter Kontrolle zu halten belastet das Arbeitsgedächtnis, sodass für das Rechnen weniger Kapazität übrig bleibt.

B sind laut Forschung ängstlicher vor Mathematikaufgaben, insbesondere in Testsituationen. Jedoch sind mathematikängstliche Menschen nicht automatisch ängstlichere Menschen, aber auch Menschen ohne Mathematikangst sind im übrigen Leben nicht weniger ängstlich.

Allerdings: Schülerinnen in Mathematik sind nach einer Studie (Goetz et al., 2013) aber nicht ängstlicher und gehemmter als ihre Mitschüler, denn in einer Studie mit 700 Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 5 bis 11 mussten die Jugendlichen einen Fragebogen zur Angst vor Mathematikprüfungen ausfüllen. In einem zweiten Teil der Studie wurden sie zur Angst vor dem Mathematikunterricht gemessen, indem sie während des Unterrichts ihr Feedback zur ihrer gegenwärtigen Angst über einen kleinen Handcomputer eingaben. Während der Fragebogenteil zwar frühere Befunde bestätigte, dass Mädchen über stärkere Mathematikangst als Buben äußern, doch in der echten Prüfungs- oder Unterrichtssituation fühlten sie sich jedoch keineswegs ängstlicher als ihre Mitschüler. Der Schluss daraus: Mädchen haben nicht mehr Angst, sondern sie glauben nur, mehr Angst zu haben. Auch geben Mädchen nicht einfach offener ihre Angst zu als Buben, sondern man vermutet, dass die Angst der Mädchen im stärkeren Glauben an Stereotypen wurzelt, d. h., Mädchen vertrauen weniger auf ihre Fähigkeiten als die Buben, unabhängig von ihren tatsächlichen Leistungen, und bewerten deshalb ihre Angst vor dem Fach höher.
Auf der Grundlage der Erwartungswert- und der Kontrollwerttheorie haben Szucs & Toffalini (2023) jüngst versucht, mögliche theoretisch begründete subjektive Faktoren zu identifizieren, die für das Verständnis von Mathematikangst entscheidend sein könnten. Sie analysierten Daten von 15-Jährigen aus 65 Ländern und Volkswirtschaften aus dem Datensatz der PISA-Studie 2012 (Programme for International Student Assessment). Dabei zeigte sich, dass die subjektive Selbstwahrnehmung stärker mit der Mathematikangst zusammenhängt als die Mathematikleistung. Es zeigte sich, dass eine höhere Mathematikangst mit einer geringeren wahrgenommenen Kontrolle über mathematische Aktivitäten und einer geringeren subjektiven Erfolgserwartung einherging. Überraschenderweise wiesen Kinder mit einer höheren subjektiven Bewertung von Mathematik eine höhere Mathematikangst auf, obwohl die subjektive Kontrolle und die Erfolgserwartung in Mathematik ähnlich waren. Das heißt, je mehr die Schülerinnen und Schüler das Gefühl hatten, den Lernstoff zu beherrschen, und je mehr sie davon ausgingen, in Mathematikprüfungen erfolgreich zu sein, desto weniger hatten sie Angst vor dem Fach. Der Zusammenhang mit den objektiven Leistungen war dagegen schwächer ausgeprägt: Entgegen den gängigen Stereotypen hatten 80 % der Jugendlichen mit schlechten Mathematikleistungen keine große Angst vor Mathematik, während 80 % der Jugendlichen mit großer Angst vor Mathematik durchschnittliche bis gute Leistungen erzielten. Außerdem gaben Mädchen an, mehr Angst vor Mathematik zu haben und hatten niedrigere Erfolgserwartungen als Jungen, obwohl ihre objektiven Leistungen auf einem ähnlichen Niveau lagen. Es zeigte sich auch, dass Kinder, die Mathematik für wichtiger hielten, mehr Angst vor Mathematik hatten als Kinder, die das Fach für weniger wichtig hielten, obwohl sie ein ähnliches Maß an subjektiver Kontrolle und Erfolgserwartung aufwiesen. Es scheint, dass Interventionen, die darauf abzielen, den Jugendlichen die Wichtigkeit von Mathematik zu vermitteln, kontraproduktiv sind, vor allem wenn sie nicht gleichzeitig das Gefühl vermitteln, das Fach zu beherrschen. Besser wäre es, wenn der subjektive Wert der Mathematik von den Schülern selbst auf natürliche Weise aufgebaut würde, indem ihre Selbstwirksamkeit, ihr Selbstkonzept und ihre Kontrollwahrnehmung verbessert werden.


Literatur

Goetz, T., Bieg, M., Lüdtke, O., Pekrun, R., & Hall, N. C., (2013). Do girls really experience more anxiety in mathematics? Psychological Science.
Szucs, Denes & Toffalini, Enrico (2023). Maths anxiety and subjective perception of control, value and success expectancy in mathematics. Royal Society Open Science, 10, doi:10.1098/rsos.231000.
Stangl, W. (2011). Geschlecht und Intelligenz. [werner stangl]s arbeitsblätter.
WWW: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/GESCHLECHT-UNTERSCHIEDE/Geschlecht-Intelligenz.shtml (11-11-21)
Stangl, W. (2023, 30. November). Die Angst vor Mathematik. Neuigkeiten aus der wissenschaftlichen Pädagogik.

Die Angst vor Mathematik


http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.psychologie-wenn-zahlen-allein-schon-angst-machen.b0b9a93f-aec1-4b86-ab0c-576632590a82.html (16-11-15)