Ehe man damit beginnt, eine neue Sprache zu erlernen, sollte man sich mit jenen Faktoren auseinandersetzen, die den Erfolg beim Lernen im Wesentlichen beeinflussen werden. Zunächst gibt es biologische Faktoren, etwa das Alter und die Strukturen zur Sprachverarbeitung, die seit der Kindheit im Gehirn angelegt worden sind. Außerdem spielt die persönliche Lernbiographie eine nicht unerhebliche Rolle, d. h., welche Erfahrungen habt man bisher beim Lernen von Sprachen gemacht. Wenn man sich an die eigene Schulzeit und den Sprachunterricht erinnert, welche Gefühle werden da in wach? War das eine positive Erfahrung oder lässt der Gedanke an eine sprachbezogene Schulaufgabe immer noch die Haare zu Berge stehen? Hinzu kommen soziale Faktoren wie das Lernumfeld und die Möglichkeiten, die Sprache nicht nur zu lernen sondern sie auch im sozialen Umfeld anzuwenden.
Der Erfolg des Lernens einer neuen Sprache hängt auch davon ab, wie nahe diese Sprache, die man lernen möchte, mit der bzw. den Sprachen verwandt ist, die man bereits beherrscht. Viele Studien belegen, dass vor allem die Motivation ein ganz wichtiger Faktor beim Erlernen einer Fremdsprache ist: Wer lernen will und Gelegenheit hat das Gelernte auch anzuwenden und zu üben, der lernt schneller und nachhaltiger. Der Faktor Zeit sollte auch bedacht werden, denn ob man jeden Tag nur zehn Minuten oder gleich eine halbe Stunde ins Lernen investieren kann. Neben Motivation und Zeit spielt auch der Lerntypus eine Rolle und welche Strategien man beim Spracherwerb einsetzen und anwenden kann, denn nicht jede Strategie ist bei jedem Menschen gleich wirksam. Wichtig ist daher, die ganz persönliche Lernsituation zu untersuchen, ehe man mit dem Lernen einer neuen Sprache beginnt. So wird man schnell feststellen, welche Faktoren persönlich die zentrale Rolle spielen.
Sprachenlernen ist aber nicht leicht, denn ständig läuft man Gefahr, das Gelernte wieder zu vergessen. Gerade Sprachenlernen stellt Menschen vor die Herausforderung, das Vergessen des einmal gelernten Wortschatzes zu verhindern. Der erste und wichtigste Grundsatz, um gelernte Vokabeln nicht wieder zu vergessen, ist die Wiederholung, was bedeutet, dass man die neuen Wörter immer wieder hören, zu lesen und nachzusprechen sollte, um sie dauerhaft zu behalten und ins Langzeitgedächtnis überzuführen. Man sollte beim Lernen einer Vokabel auch immer wissen, warum man diese lernen möchte bzw. muss, denn nur dann bleibt man motiviert bei der Sache, denn Motivation beim Lernen ist der Schlüssel zum Erfolg. Man sollte auch versuchen nur Sinnvolles zu lernen, d. h., darauf zu verzichten, Wörter zu lernen, die man nicht brauchen wird. Hinzu kommt, dass Informationen, die nicht mit bereits Bekanntem in Bezug gesetzt werden können, schnell wieder aus dem Gedächtnis verschwinden. Eine Methode, um beim Lernen einer Fremdsprache das Neue mit schon Bekanntem zu verknüpfen, ist die Assoziationslernmethode, die darauf beruht, dass man sich neue Informationen über Bilder von Dingen merkt, die man schon kennt. Hier sind Bildwörterbücher eine gute Ergänzung beim Lernen.
Übrigens: es ist ein Neuromythos, dass es kritische Phasen für das Erlernen einer neuen Sprache gibt. Wenn Erwachsene eine Fremdsprache langsamer oder schwieriger lernen als Kleinkinder ihre Muttersprache, dann liegt dies nicht an verpassten kritischen Phasen, sondern vor allem daran, dass die Erwachsenen bereits eine Muttersprache beherrschen und damit über sprachliches Wissen verfügen, das ihnen beim Erwerb einer Fremdsprache manchmal im Wege steht. Sie ziehen auf der Grundlage ihres Wissens von den Regeln ihrer Muttersprache falsche Schlüsse und machen daher in der neuen Fremdsprache Fehler, die Kinder, denen dieses sprachliche Vorwissen fehlt, niemals machen würden. In diesen Fällen interferiert also bei den Erwachsenen das neue mit dem alten sprachlichen Wissen.
Gerade beim Lernen eines Wortschatzes ist wichtig, über bereits bekannte Strukturen zu lernen. Wenn nah schon immer daran gewöhnt war, neue Wörter mit Karteikarten zu lernen, sollten man bei dieser Methode bleiben. Zwar sollte man sich auf vertraute Strukturen und Vorgehensweisen verlassen, doch es kann auch günstig sein, neue Methoden zu erproben. Einige Wörter einer Fremdsprache sind bekanntlich schwer zu lernen, andere kann man sich ziemlich schnell einprägen. Zum Beispiel kann man sich Wörter, die in Alltagssituationen vorkommen, gut merken, aber auch Wörter, die man visuell darstellen und somit mit einem gedanklichen Bild verknüpfen kann, wird man sich schneller einprägen. Dauerhaft merken wird man sich Begriffe und Redewendungen, zu denen man einen emotionalen Bezug hat. Wörter, die man selbst leicht nachsprechen kann, lassen sich ebenfalls leichter behalten. Generell gilt, dass man Konkretes besser abspeichern kann als Abstraktes, wobei manche Zeitwörter schwerer zu merken sind als Hauptwörter. Bei schwierigen Wörtern sollte man daher versuchen, Mnemotechniken einzusetzen, die über die reine Wiederholung hinausgehen.
Siehe auch Das Erlernen einer Fremdsprache für SeniorInnen