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Variabilität beim Lernen fördert nachhaltiges Lernen

Sprache lernen im Vorübergehen! Lernposter

Lernen bedeutet, frühere Erfahrungen zu nutzen, um neue Verhaltensweisen und Handlungen zu entwickeln, und da alle Erfahrungen letztlich einzigartig sind, erfordert Lernen immer eine gewisse Verallgemeinerung. Eine wirksame Methode zur Verbesserung der Generalisierung besteht darin, die Lernenden einem variableren und damit oft repräsentativeren Input auszusetzen, d. h., mehr Variabilität macht das Lernen anfangs zwar etwas schwieriger, führt aber schließlich zu einer allgemeineren und robusteren Leistung.

Dieses Grundprinzip wurde wiederholt wiederentdeckt und in verschiedenen Bereichen umbenannt, etwa als kontextuelle Vielfalt, erwünschte Schwierigkeiten oder Variabilität der Praxis. Raviv, Lupyan & Green (2022) haben versucht, Schlüsselmuster zu identifizieren, um zwischen verschiedenen Arten von Variabilität zu unterscheiden, die Rolle unterschiedlicher aufgabenrelevanter und irrelevanter Dimensionen erörtert und die Auswirkungen der Einführung von Variabilität zu verschiedenen Zeitpunkten im Training untersucht.

Dieses Prinzip ist etwa beim motorischen Lernen schon sehr lange bekannt, denn übt man etwa im Tennis den Aufschlag, hilft es, die Bewegung von möglichst vielen verschiedenen Positionen auf der Grundlinie auszuführen. Neben der Variation ist auch die Heterogenität förderlich, denn will man etwa lernen, was ein Hund ist, hilft es, sich unterschiedliche Hundearten anzuschauen. Wer nämlich nur Bilder großer Doggen ansieht, erkennt sonst möglicherweise nur große Doggen als Hunde, andere Rassen aber nicht als Teil der Kategorie. Wesentlich ist auch der Kontext bzw. die Situation, also das Lernen in verschiedenen Umgebungen. Beim Erlernen des Autofahren hilft es langfristig, unterschiedliche Strecken zu unterschiedlichen Tageszeiten zu befahren. Dabei ist ein Trainingsplan unabdingbar, denn der hilft, die für das Erlernen der notwendigen Übungen zu unterschiedlichen Tageszeiten und Rhythmen zu planen.

Bisher gibt es zwei Ansätze zur Erklärung, warum Variabilität für bessere Lernerfolge sorgt, die auch nachhaltig sind. Einerseits könnte Variation beim Lernen dazu führen, dass man bei einer Aufgabe besser filtert, was wichtig und was unwichtig ist, andererseits könnte man durch mehr Variabilität auch mehr generalisieren, d. h., einmal Gelerntes in verschiedenen Situationen anwenden. Variationen beim Lernen führen nämlich dazu, dass man die Erinnerung an das Erlernte im Gehirn abrufen und sie jedes Mal ein wenig anpassen muss, was die Erinnerungen festigt und nachhaltiger macht.



Literatur

Raviv, Limor, Lupyan, Gary & Green, Shawn C. (2022). How variability shapes learning and generalization. Trends in Cognitive Sciences, 26, 462-483.
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/nachhaltiger-lernen-mit-variabilitaet (22-05-17)