In Bezug auf das schulische Lernen geht man immer noch von der überholten Vorstellung aus, dass Kinder in der Schule still sitzen und rein geistige Inhalte aufnehmen sollen. Nach Repetto et al. (2021) ist eine solche rein intellektuelle Natur in Wirklichkeit ein Hirngespinst. Es ist daher äußerst kontraproduktiv, so zu tun, als gäbe es sie, vor allem mit zunehmendem Alter, zumal das deklarative Gedächtnis ab etwa 20 Jahren immer schwächer wird.
Das deklarative Gedächtnis ist für Wörter, Namen, Listen und Fakten wie historische Daten zuständig, und wie Schüler bei Vokabeltests und Erwachsene beim Einkaufen im Supermarkt immer wieder schmerzlich erfahren müssen, erfordert es massive Anstrengungen beim Auswendiglernen und ist trotzdem nicht sehr zuverlässig, d.h. man vergisst schnell und leicht, was man sich durch rein geistige Aktivität zu merken versucht hat. Wenn man jedoch das prozedurale Gedächtnis beim Lernen einbezieht, z.B. indem man eine Bewegung zu den Wörtern und Fakten ausführt, steigert man die Lernleistung und verringert das Vergessen. Informationen, die prozedural gelernt wurden, werden weniger leicht vergessen. Dies zeigt sich auch daran, dass Menschen über Jahrzehnte hinweg das Radfahren, Schwimmen und Skifahren nicht verlernt haben, obwohl sie diese Tätigkeiten zwischenzeitlich nicht mehr ausgeübt haben.
Nach den Theorien der verkörperten Kognition ist das Gedächtnis für Wörter mit den beim Lernen gemachten sensomotorischen Erfahrungen verknüpft, d.h. wenn Wörter, die durch selbst ausgeführte Gesten kodiert werden, auf neuronaler Ebene in verteilten sensomotorischen Netzwerken repräsentiert sind, schwingen diese bei der Worterkennung mit.
Literatur
Repetto, Claudia, Mathias, Brian, Weichselbaum, Otto & Macedonia, Manuela (2021). Visual recognition of words learned with gestures induces motor resonance in the forearm muscles. Scientific Reports, 11, doi:10.1038/s41598-021-96792-9