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Viele Lernende machen beim Sprachenlernen denselben grundlegenden Fehler: Sie parken ein fremdsprachiges Wort direkt neben das vermeintlich passende Wort ihrer Muttersprache – als wäre Lernen nur ein simples Zuordnen, eine Art zweisprachiges Vokabellager. Doch genau dieses isolierte Wort-für-Wort-Pauken führt dazu, dass Vokabeln im Gedächtnis nicht haften bleiben. Vor allem aber führt es zu typischen „Falschen Freunden“, Missverständnissen und stockendem Sprechen. Sprache ist kein Sortiersystem aus einzelnen Begriffen, sondern ein Netzwerk aus Bedeutungen, Situationen und Bildern. Unser Gehirn speichert deshalb Wörter besser, wenn sie eingebettet sind – nicht, wenn sie isoliert nebeneinander stehen wie Schachfiguren auf einem leeren Brett.
Ein klassisches Beispiel aus dem Englischen ist das Wort “actually”. Viele Lernende speichern es als „aktuell“ ab. Das wirkt zunächst logisch, ist aber falsch – und der Fehler bleibt bestehen, weil das Wort isoliert gelernt wurde. Wer „actually“ aber sofort mit einem Satz verknüpft – etwa “Actually, I don’t know” – merkt intuitiv, dass es „eigentlich“ oder „tatsächlich“ bedeutet. Durch die Mini-Szene, in der jemand etwas klarstellt oder korrigiert, wird die Bedeutung nicht nur korrekt abgespeichert, sondern auch leichter abrufbar. Das Gehirn hat nun Bedeutung + Situation + Klang statt nur eines deutschen Ersatzworts.
Auch im Französischen zeigt sich das: Viele merken sich “attendre” als „attendieren“ oder „aufpassen“. Richtig ist jedoch „warten“. Wer das Wort nur „übersetzt“, speichert es falsch. Wer sich jedoch vorstellt: „J’attends le bus.“ – eine Person, die an der Haltestelle steht, vielleicht in der Kälte –, der verknüpft das Wort mit einer Szene. Die Bedeutung wird nicht nur klarer, sondern auch emotionaler und dadurch haltbarer.
Es lohnt sich, jedes neue Wort sofort in eine kleine Welt einzubauen. Das kann ganz einfach sein:
Beim Wort “to spill” stell dir vor, wie jemand Kaffee über den Tisch kippt: “Oh no, I spilled my coffee.”
Beim französischen “se promener” (spazieren gehen) siehst du die Szene eines ruhigen Spaziergangs im Park: “Elle se promène dans le parc.”
Beim englischen “fair” (gerecht) hilft ein kurzer Satz wie “That’s not fair!”, gesprochen mit echtem Ärger – und schon haftet das Wort über emotionale Resonanz.
So entsteht eine Art Lerngleichung:
Wort + Bild + Situation + GefĂĽhl = echtes Behalten
Der entscheidende Unterschied zwischen stumpfem Auswendiglernen und wirklichem Spracherwerb liegt darin, wie du Wörter im Kopf verankerst. Nicht isolieren, sondern einbetten. Nicht parken, sondern verknüpfen. So baust du ein Netz aus Bedeutungen, in dem Wörter nicht nur gespeichert werden, sondern lebendig werden – und beim Sprechen wie selbstverständlich auftauchen.